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Der Erker: Zimmer mit Aussicht

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Der Erker gehört zu den beliebtesten Gestaltungselementen im privaten Hausbau. Ob als gemütliche Lesenische oder als lichtdurchfluteter Essplatz: Mit einem Erker gewinnt ein Haus nicht nur eine zusätzliche Lichtquelle, sondern auch Charakter. Was Bauherren bei der Planung Ihres Eigenheims darüber wissen müssen.

Der Glaskasten im Obergeschoss ist ein richtiger Erker. Er wertet das Gebäude optisch auf und sorgt für Platzgewinn. Foto: iStock.com / dpproductions

Als Erker bezeichnet man einen aus der Gebäudefassade vorspringenden, geschlossenen und befensterten Ausbau eines Raumes, der sich über ein oder mehrere Stockwerke erstreckt. Der Erker ruht auf vorstehenden Trägern einer Geschossdecke, hat also keinen Bodenkontakt.

In der Umgangssprache wird Begriff des Erkers allerdings auf einige Sonderformen ausgedehnt: Oft ist damit ein Vorbau mit Bodenkontakt gemeint, also eigentlich eine Auslucht, auch Standerker genannt. Reicht die Auslucht bis in das Dachgeschoss, handelt es sich um ein Zwerchhaus. Befindet sich die Ausbuchtung ausschließlich im Dach, spricht man von einer Gaube oder auch von einem Dacherker.

Die Vorteile des Erkers

Erker holen Licht in den Wohnraum.„Vor allem wenn die Fassade nach Norden zeigt, kann ein Erker sinnvoll sein. Fenster in den Seitenwänden des Erkers bieten dann von Ost und West zusätzlichen Lichteinfall“, sagt Friederike Proff, Diplom-Ingenieurin und Architektin des Büros Architektur Team in Düsseldorf. Wird ein Erker über Eck gebaut, fällt das Licht sogar von vier Seiten in den Raum.

Erker werten die Fassade auf. Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF) gehört der Erker unter den Fertighauskunden zu den beliebtesten Varianten, das gewählte Haus zu individualisieren. Häufig gefragt sind Standerker zur Ergänzung des Wohnbereichs im Erdgeschoss. Äußerlich werden die Vorbauten gerne durch einen farblichen Akzent oder ein alternatives Oberflächenmaterial vom Rest des Hauses abgesetzt.

Der Erker versorgt den Essbereich mit viel Licht und strukturiert den Raum, ohne ihn kleiner zu machen. Foto: SchwörerHaus

Erker strukturieren große Räume. Sie können deshalb ein geeignetes Mittel zur Grundriss- und Innenraumplanung sein. Proff: „Ein beliebter Klassiker ist der Erker mit Essplatz als separater Teil des großen Wohnraums.“ Die kleinen und größeren Nischen kann man natürlich auch anders nutzen, zum Beispiel als gemütliche Leseecke.

Erker schaffen Platz. Ein Vorteil, der sich vor allem bei schmalen Grundstücken bemerkbar macht. Denn Häuser müssen einen Mindestabstand von meistens drei Metern zum Nachbargrundstück einhalten – und Erker sind davon ausgenommen. Laut Musterbauordnung darf ein Erker bis zu 1,50 Meter aus der Fassade herausragen, ohne die Abstandsflächen zu verletzen. In diesen Fällen lassen sich also nur mit einem Erker ein paar zusätzliche Quadratmeter Wohnfläche gewinnen. 

Erker schaffen neue Blickachsen. Weisen die Fenster in den Garten, fühlt man sich im Erker wie mittendrin. Zeigt die Wohnwand des Erkers zu einer lauten Straße, kann man ihn nur seitlich mit Fenstern ausstatten. Der Blick fällt dann bei gleichzeitig reduziertem Schalldruck schräg auf die Straße.

Verschiedene Formen des Erkers

Foto: leftluis / stock.adobe.com

Trapezerker: Hier ragt der Erker in Form eines symmetrischen Trapezes aus der Hausfassade und erinnert an die bay windows an den Häuserfronten viktorianischer Gebäude. In Deutschland ist der Trapezerker seit den 80er- und 90er-Jahren nicht mehr so stark gefragt wie zuvor.

Foto: borisb17 / stock.adobe.com

Runderker: Der herrschaftlich anmutende Runderker wird heute im privaten Hausbau eher selten gewählt. In den Innenstädten kann man ihn an großen Gebäuden der Gründerzeit entdecken. Häufig reicht er dann über mehrere Stockwerke und ist an der Gebäudeecke platziert.

Foto: Markus Bormann / stock.adobe.com

Rechteckerker: Hier gibt’s nur 90-Grad-Winkel. Kommt obendrauf noch ein Flachdach, entspricht er dem kubischen Baustil, der sich auch im privaten Hausbau immer mehr durchsetzt.

Foto: iStock.com / U. J. Alexander

Eckerker: Ob eckig oder rund, ein Erker kann natürlich nicht nur an der flachen Hauswand, sondern auch an der Ecke eines Gebäudes platziert werden. Das Licht fällt dann potenziell aus vier Richtungen in den Raum.

Fenstererker: Diese Form des Erkers ragt ohne Brüstung ab Fensterhöhe aus der Fassade und ist rundum befenstert. Bis in die 70er-Jahre waren Fenstererker als sogenannte Blumenfenster beliebte Standorte für Zimmerpflanzen.

Das Sitzfenster: Eine moderne Interpretation des Erkers. Beim Sitzfenster reicht die Verglasung bis zur Sitzhöhe hinunter. Eine über die gesamte Länge eingezogene Sitzbank lädt dazu ein, Platz zu nehmen und den Blick in die Umgebung schweifen zu lassen. Befindet sich das Sitzfenster mehr als einen Meter über dem Boden, muss absturzsicher gestaltet sein.

Erker als Wintergarten: Der komplett verglaste Wintergarten ist eine beliebte Sonderform des Erkers. Wie auch beim Sitzfenster muss an Möglichkeiten zur Verschattung gedacht werden, denn je nach Sonneneinstrahlung kann es darin schnell sehr warm werden. Als Teil des Wohnraums muss die Verglasung des Wintergartens hinsichtlich Wärmeisolierung und Einbruchsschutz alle geltenden Normen erfüllen. Das Glasdach muss hagelfest sein.

Die Bedachung des Erkers

Neubau mit mehreren Erkern. Zwei davon werden auch als Balkon genutzt. Foto: KB3 / stock.adobe.com

Erkerbauten sind komplex: Boden, Hauswand, Dach – das ganze Themenspektrum des Hausbaus muss bei der Planung bedacht und umgesetzt werden. „In puncto Bedachung bedeutet das neben einer fachgerechten Wärmedämmung vor allem, dass für gute Entwässerung und Abdichtung gesorgt werden muss“, betont Proff.

Wer für sein Eigenheim ein schräg geneigtes Dach vorsieht, kann diese Dachform beim Erker entsprechend aufnehmen. Zur Ableitung des Regenwassers kann in diesem Fall ein reguläres, neigungsbasiertes System mit Regenrinnen angebracht werden.

Wer sich für einen Erker mit Flachdach entscheidet, muss bei seiner Wahl des Entwässerungssystems einige Dinge beachten, um Bauschäden durch eindringende Feuchtigkeit vorzubeugen. Orientierung für Planung und fachgerechte Ausführung bietet die Flachdachrichtlinie des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks.

Soll auf das Flachdach des Erkers ein Balkon aufgesetzt werden, rät Proff zu einer offenen Brüstung in Form eines Geländers. „Bei einer geschlossenen Brüstung entsteht bei Regen sonst schnell ein Badewannen-Effekt.“

Ein besonderer Akzent lässt sich durch die Begrünung des Erkerdachs setzen. Eine pflegeleichte Variante, die sich sogar auf geneigten Dächern realisieren lässt und ohne zusätzliche Bewässerung auskommt, ist die sogenannte extensive Begrünung durch widerstandsfähige Grasarten, Moose und Kräuter. 

Die Dämmung des Erkers

Dipl.-Ing. Friederike Proff, Architektin AKNW/BDB, Vorstandsmitglied AKNW. Foto: Martina Döbler

Ein Erker ist dämmtechnisch durchaus aufwändig. Während die glatte Hausfassade nur eine Wärmeübertragungsfläche bietet, kommen im Erker gleich mehrere Flächen auf kleinem Raum zusammen. Die meiste Wärme geht in den Innenecken verloren. „Dort trifft die warme Innenluft auf besonders viel kalte Außenwand. Damit sich kein Schimmel bildet, muss besonders an diesen Stellen gut gedämmt werden“, erklärt Proff.

Da Erker in der Regel großzügig mit Fenstern ausgestattet sind, dürfen diese im Energiekonzept nicht unberücksichtigt bleiben. Bei ihrer Auswahl ist unbedingt auf einen niedrigen Wärmedurchgangskoeffizienten, den sogenannten U-Wert zu achten. Die Mindestanforderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) liegt bei 1,3 W/(m2K).

Wird ein Erker nachträglich angebaut, muss die alte Dämmung der Hausfassade aufgeschnitten und mit den neuen Dämmschichten verbunden werden. Proff: „Mit Abdeckprofilen ist ein sauber gearbeiteter Anschluss herzustellen.“ Eine Arbeit, die Hauseigentümer am besten Profis überlassen.

Der Erker im Baurecht

Jeder Erker, egal ob hängend oder auf dem Boden stehend, ist als Teil eines gesamten Neubaus oder als nachträglicher Anbau genehmigungspflichtig.

Bei der Berechnung einzuhaltender Abstände zum Nachbargrundstück darf der Erker unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 6 der Musterbauordnung ignoriert werden. Das gilt, wenn er

  • insgesamt nicht mehr als ein Drittel der Breite der jeweiligen Außenwand in Anspruch nimmt,
  • nicht mehr als 1,50 Meter vor diese Außenwand vortritt und
  • mindestens zwei Meter von der gegenüberliegenden Nachbargrenze entfernt bleibt.

Die jeweiligen Landesbauordnungen können hinsichtlich dieser Regelungen abweichen. Auch die Frage, ob die Begünstigung neben dem hängenden Vorbau auch den Erker mit Bodenkontakt einschließt, kann unterschiedlich ausgelegt werden.

Je nach Bebauungsplan und ab einer bestimmten Höhe über dem Boden darf ein Erker übrigens auch dann von einer Hausfassade vorspringen, wenn er damit über einem öffentlichen Gehweg schwebt. Voraussetzung ist die Zustimmung des Eigentümers der öffentlichen Fläche, in der Regel die örtliche Gemeinde, vertreten durch das Tiefbauamt.

Ein Erker ist teuer, wenn man nur den Platzgewinn aufrechnet. Allerdings geht es beim Hausbau ja nicht darum, möglichst viel Raum für möglichst wenig Geld zu umbauen. Foto: Loocid GmbH / stock.adobe.com

Nachträglicher Anbau des Erkers

Ein Anbau an ein bestehendes Gebäude ist immer mit viel Aufwand verbunden, auch bei einem vergleichsweise kleinen Bauteil wie einem Erker. Am besten führt man ihn im Rahmen größerer Umbauten durch, während das Haus unbewohnt ist.

Ob die Rahmenbedingungen für den nachträglichen Anbau eines Erkers ohne Bodenkontakt gegeben sind, entscheidet vor allem die Tragfähigkeit der Bestandsfassade. „Hier braucht es die Fachberatung durch einen Statiker und seine Einsicht in die Bestandsunterlagen und Bestandsstatik. Schließlich muss die alte Hauswand das Gewicht des Erkers komplett tragen können“, erläutert Proff.

Soll der Erker Bodenkontakt haben, muss eine tragende Hauswand aufgeschnitten und ein Unterzug eingebaut werden, der die Last der Wand übernimmt. Beim Anbau des Fußbodens muss damit gerechnet werden, dass sich der Boden im neu angebauten Teil anders setzt. Proff: „Damit später keine Risse im Boden auftreten, sollte deshalb auf jeden Fall eine Bewegungsfuge eingesetzt werden. Nur so haben die verbauten Materialien Bewegungsfreiheit.“

Die Baukosten des Erkers

Der Erker ist kein kostengünstiger Wohnraum. Das liegt an den vielen Außenseiten, die zu bearbeiten sind. „Die Kosten für einen im Erker gewonnenen Quadratmeter liegen je nach Ausführung deutlich über den Baukosten für einen Quadratmeter Wohnfläche im Rest des Hauses“, klärt Proff auf. Beim nachträglichen Anbau an die Fassade fallen zusätzlich die Kosten für eine statische Lösung ins Gewicht.

Wer sein Baubudget also zusammenhalten muss, sollte den Traum vom Erker noch einmal auf den Prüfstand stellen. Dafür lohnt sich die Beratung mit einem Architekten. „Der Wunsch nach einer Rückzugsoase oder einem Extra an Wohnraum lässt sich manchmal auch ganz anders realisieren. Solche Optionen sichtbar zu machen, ist dann die Aufgabe des Architekten“, so Proff.

Manchmal hilft auch ein geschickter Innenausbau. Ein Beispiel dafür ist das Sitzfenster: Umrahmt man ein fassadenbündiges Panoramafenster mit einem Einbaumöbel, entsteht die wunderbare Sitznische mit Ausguck-Gefühl ganz ohne Vorbau.