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Im Mehrgenerationenhaus wird eine der ältesten Formen des Zusammenwohnens neu und modern interpretiert. Hier können ältere und jüngere Menschen zusammen mit ihren Kindern oder in einer Wohngemeinschaft leben.

Viel Platz für Jung und Alt – und am besten barrierefrei gestaltet: Ein Mehrgenerationenhaus. Foto: iStock.com sl-f

Das Wichtigste in Kürze

Das Mehrgenerationenhaus …

  • … gelingt, wenn finanzielle und praktische Interessen klar abgesprochen werden.
  • … ist möglichst barrierefrei.
  • … muss individuell auf die baulichen Anforderungen geprüft werden.
  • … wird von verschiedenen Stellen gefördert.

Die Grundidee des Mehrgenerationenhauses ist, dass Kinder-, Eltern- und Großelterngenerationen zusammenleben und sich gegenseitig unterstützen. Das hat einige Vorteile, zum Beispiel brauchen die Großeltern möglicherweise keinen Pflegeheimplatz oder die Kinder keinen Krippenplatz. Die verschiedenen Generationen müssen dafür nicht zwangsläufig verwandt sein. Eines ist jedoch unumgänglich: Sie benötigen Häuser, die baulich auf die Bedürfnisse aller Generationen zugeschnitten sind und ein positives Zusammenleben begünstigen.

Achtung

Der Begriff Mehrgenerationenhaus wird auch für eine andere Form des Miteinanders verschiedener Generationen verwendet - für öffentliche Begegnungsstätten ohne Wohnfläche, die es inzwischen fast überall in Deutschland gibt.

Für wen ein Mehrgenerationenhaus das Richtige ist

Die Idee, dass verschiedene Generationen miteinander leben und sich gegenseitig unterstützen, mag sehr verlockend erscheinen. Doch sollte ein solches Wohnprojekt gut überlegt und noch besser geplant sein. „Jeder Mensch, der in einem Mehrgenerationenhaus wohnen möchte, sollte sich gleich zu Beginn fragen: Bin ich der Typ dafür?“ sagt die Architektin Signe Stein aus Berlin. Sie hat sich auf den Bereich Mehrgenerationenwohnen spezialisiert und als Mediatorin schon in vielen Streitfällen vermittelt. Alle mündigen Familienmitglieder und andere Menschen, die im Mehrgenerationenhaus wohnen möchten, sollten sich nach ihrer Erfahrung folgende Fragen stellen: Bin ich team- und kompromissfähig? Bin ich aufgeschlossen und neugierig? Bin ich gern in Gemeinschaft? Bin ich offen für Veränderungen?

Die Interessen klären

Ganz wichtig ist es auch, gleich zu Beginn die Interessen aller Beteiligten zu klären, rät Signe Stein. „Man sollte ganz ehrlich mit sich sein.“ Mögliche Fragen sind: Kann ich geben und nehmen? Wie kann ich mich in die Gemeinschaft einbringen? Kann und will ich beispielsweise Babysitten? Bin ich bereit und habe ich die Möglichkeit, kurzfristig einzuspringen, wenn jemand krank ist? Kann und will ich Arztbesuche mit den Eltern machen? Wenn diese Fragen individuell geklärt sind, folgt der offene Austausch aller Beteiligten.

Die Finanzen offen besprechen

Neben den persönlichen Interessen gibt es einen weiteren wichtigen Punkt, der möglichst frühzeitig geklärt werden sollte: Die Finanzierung des Projektes. Dabei geht es nicht nur darum, ob die finanziellen Mittel für das Projekt ausreichen. Sondern auch darum, wer sich wie einbringt – und was er dafür erwartet. „Es kann sein, dass jemand finanziell viel beitragen kann und im Ausgleich eine bestimmte Form der Hilfe und Betreuung erwartet“, berichtet Signe Stein „Solche Dinge sollten ganz klar abgemacht werden.“ Gelingt eine solche Klärung nicht, sucht man besser andere Lösungen für die einzelnen Generationen.

Eine großzügige Küche könnte als zentraler Treffpunkt im Mehrgenerationenhaus dienen. Foto: iStock.com / pidjoe

Die Wohnbereiche planen

Wird das Mehrgenerationenhaus neu gebaut, kann alles nach Wunsch geplant werden. Bei einem Altbau ist es mitunter etwas schwieriger, alle Bedürfnisse befriedigen zu können. Auf jeden Fall sollten sich alle Beteiligten absprechen, welche gemeinsamen und welche getrennten Wohnbereiche es gibt. Eine grundlegende Frage ist beispielsweise, ob man Gemeinschaftsräume wie Küche, Bad und WC teilen möchte oder ob die Kinder-, Eltern- und die Großelterngeneration lieber in abgetrennten Wohnungen leben. Im erstgenannten Fall müssen viele weitere Absprachen folgen. Im zweitgenannten Fall ist es empfehlenswert, in mindestens einer Wohnung einen großen Raum als Treffpunkt zu haben.

Pflegephasen organisieren

Schon vor der Entscheidung für ein Mehrgenerationenhaus ist es wichtig, ganz klar über die verschiedenen Pflegephasen zu sprechen, etwa wenn die Großeltern auf kleine Kinder aufpassen sollen und die Eltern arbeiten gehen. Noch wichtiger ist es aber, auf eine eventuell eintretende Pflegebedürftigkeit der Großeltern vorbereitet zu sein: Wer übernimmt dann die Pflege? „Hier sind die eigenen Familienangehörigen nicht immer die beste Lösung. Es entsteht nämlich eine ganz andere Form der Nähe“, sagt Signe Stein. Gegebenenfalls wird in dem Haus dann eine Einliegerwohnung für eine Pflegekraft benötigt.

Klare Regeln formulieren

Alle diese und weitere Absprachen sollten am besten schriftlich festgehalten werden. Dazu gehört beispielsweise auch, die Erbansprüche von weiteren Familienmitgliedern wie zum Beispiel von Geschwistern, die nicht mit im Haus wohnen, zu klären.

Die Lage des Mehrgenerationenhauses ist entscheidend

Draußen auf dem Land gibt es hin und wieder große und günstige Immobilien. Aber ob diese Lage für alle geeignet ist, sollte erst geklärt werden. Foto: spuno / stock.adobe.com

„Egal, für welche Art des Wohnens sie sich entscheiden – die künftigen Bewohner eines Mehrgenerationenhauses sollten sich gründlich überlegen, welchen Lebensstil sie pflegen möchten“, sagt Signe Stein. „Gerade das Thema der Erreichbarkeit und der persönlichen Bedürfnisse ist entscheidend für die Zufriedenheit im Mehrgenerationenhaus.“

Es empfiehlt sich, die wichtigsten Bedürfnisse der Haushaltsmitglieder klar zu definieren und sich Zeit zu lassen für die Suche nach der richtigen Immobilie in der richtigen Lage.

  • Möchten wir auf dem Land leben oder in der Stadt?
  • Sind die Ärzte gut erreichbar?
  • Welche Einkaufmöglichkeiten gibt es?
  • Wie gut ist der öffentliche Nahverkehr?
  • Sind Kitas und Schulen gut erreichbar?
  • Wie weit sind die Entfernungen zum Arbeitsplatz?
  • Ist ein Spielplatz in der Nähe?
  • Möchten wir einen Garten?
  • Sind wir schnell in der (Innen-)Stadt?
  • Wie wichtig sind uns Theater, Kino, Cafés, Restaurants in der Nähe?
  • Haben oder wollen wir Haustiere? Welche Bedürfnisse haben sie?
  • Reicht mir ein Park in der Nähe oder brauchen wir Natur?

Ein Mehrgenerationenhaus bauen oder kaufen?

„Ob man lieber eine Immobilie baut oder kauft, lässt sich nur von Fall zu Fall entscheiden“, sagt Signe Stein. Es liegt auf der Hand, dass man mehr individuelle Gestaltungmöglichkeiten hat, wenn man selbst baut – sei es ein Massivhaus oder ein Fertighaus. Fragen, die bei der Entscheidung helfen können:

  • Wieviel Geld steht zur Verfügung?
  • Ist bereits Wohnraum oder ein Grundstück im Familienbesitz?
  • Ist die Lage der vorhandenen Immobilie für unser Vorhaben geeignet?
  • Ist sie für den Umbau zum Mehrgenerationenhaus geeignet?
  • Welche Immobilien oder Baugrundstücke gibt es am Wunschort, und was kosten sie?

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Barrierefreiheit im Mehrgenerationenhaus

Ein Mehrgenerationenhaus ist idealerweise komplett barrierefrei, beziehungsweise so gestaltet, dass es später problemlos angepasst werden kann. Nicht nur ältere Menschen, sondern auch alle anderen profitieren davon – etwa junge Eltern mit Kinderwagen oder wenn es darum geht, den Großeinkauf bequem in der Speisekammer zu verstauen.

Wenn möglich, sollte bereits beim Neubau oder beim Sanieren darauf geachtet werden, das Haus barrierefrei zu gestalten. Zum Beispiel im Badezimmer. Foto: Jörg Lantelme / stock.adobe.com

Einen Treppenlift baut man erst ein, wenn er wirklich gebraucht wird. Bei der Planung kann man den Treppenlift aber bereits mitdenken – und die Treppe etwas großzügiger gestalten. Foto: Robert Kneschke / stock.adobe.com

Herr Professor Andrea Teti lehrt Gerontologie an der Universität in Vechta und forscht zum Thema Wohnen im Alter. Der Experte macht darauf aufmerksam, dass ISO- und DIN-Normen für Barrierefreiheit oft sehr restriktiv sind und mit anderen Normen im Konflikt stehen. Teti: „Es gibt eine DIN-Norm für Terrassen, die mit der DIN-Norm für Barrierefreiheit kollidiert. Dadurch eine fachgerechte Abdichtung des barrierefreien Übergangs bei Balkonen und Terrassen Planer vor große bautechnische Herausforderungen.“

Andrea Teti plädiert trotzdem für einen möglichst barrierearmen Wohnbau: „Dies ist nicht zuletzt im Sinne der Zukunftsfähigkeit der eigenen Immobilie wichtig. Das sieht man jetzt an den Häusern, die in den 1980er-Jahren gebaut wurden. Die Kinder sind weggezogen, und die Empty Nesters sind in den großen Häusern oft überfordert.“

Achtung

Barrierefreiheit in privaten Wohnhäusern ist kein geschützter Begriff. Sind gebrauchte Häuser in der Immobilienanzeige als barrierefrei ausgewiesen, müssen Interessierte trotzdem alle Kriterien, die für ihr Mehrgenerationenhaus wichtig sind, selbst überprüfen.

Bauliche Anforderungen an das Mehrgenerationenhaus

  • Der Hauseingang ist idealerweise ebenerdig
  • Die Böden im Außenbereich müssen rutschhemmend sein
  • Die Wohnfläche selbst darf keine Stufen aufweisen
  • Die Wohnfläche muss ausreichend Bewegungsfreiheit für einen Rollstuhl, einen Rollator oder andere Gehhilfen bieten
  • Die Türen müssen breit genug für Rollstuhl, Rollator und Gehhilfen sein
  • Dies gilt auch für WC und Bad. Im Bad ist mindestens eine ebenerdige Dusche und ein rutschhemmender Boden erforderlich, eine begehbare Wanne oder ein Wannenlift wären wünschenswert.
  • Bei der Planung muss berücksichtigt werden, dass in einem oder mehreren Räumen Platz für ein Pflegebett und Pflege ist, wünschenswert ist hier auch ein Zugang zur Terrasse oder dem Balkon für das Bett.
  • Bei Wohnflächen in mehreren Stockwerken muss im Treppenhaus ausreichend Platz eingeplant werden für den nachträglichen Einbau von Treppenliften oder einem Fahrstuhl.
  • Die Bauweise des gesamten Gebäudes ist idealerweise modular, so dass sich einzelne Wohnbereiche leicht verändern oder anpassen lassen.
  • Es ist sinnvoll, einzelne Wohneinheiten mit Abgeschlossenheitserklärung zu haben. Das heißt, die Wohnungen sollten über einen eigenen Zugang ins Treppenhaus oder nach draußen verfügen.
  • Eine Einliegerwohnung für eventuelles Pflegepersonal ist gegebenenfalls empfehlenswert

Fördermöglichkeiten für das Mehrgenerationenhaus

Bundesländer, Kommunen, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bieten Förderungen an, die sich für den Bau beziehungsweise Umbau zum Mehrgenerationenhaus nutzen lassen.

  • Es können alle Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im wohnwirtschaftlichen Bereich genutzt werden, wenn gleichzeitig auch energetische Maßnahmen durchgeführt werden – hier gibt es Programme für den Kauf/Umbau einer Immobilie und auch für den Neubau.
  • Sowohl für Kauf/Umbau als auch für den Neubau einer Immobilie kann bei der KfW der „Kredit Wohneigentumsprogramm 124“ beantragt werden.
  • Für den Kauf/Umbau einer Bestandsimmobilie gibt es jeweils altersunabhängig den „Altersgerecht Umbauen Kredit 159“ mit bis zu 50.000 Euro und den „Investitionszuschuss zur Barrierereduzierung 455-B“ bis zu 6.250 Euro.
  • Je nach Pflegegrad gibt es von der Pflegekasse finanzielle Unterstützung für bauliche Maßnahmen in Form eines Zuschusses: für eine Person bis zu 4.000 Euro und für Wohngruppen bis zu 16.000 Euro.
  • Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat das Modellprojekt „Leben wie gewohnt“ initiiert. Laufzeit ist vom 01. Oktober 2020 bis 31. Dezember 2023. Zielgruppen sind Baugruppen, Stiftungen, Vereine, Wohnungsunternehmen und -genossenschaften, Nachbarschaftsinitiativen, Kommunen und weitere. Gefördert werden Bau- und Investitionsprojekte, die ein beispielgebendes Konzept aufweisen.
  • Die Bundesländer fördern den altersgerechten Um- und Ausbau mit eigenen Programmen. Erste Anlaufstellen finden sich auf dem Serviceportal Zuhause im Alter des BMFSFJ.
  • Es gibt auch Kommunen, die altersgerechtes Wohnen fördern und/oder eine Beratung zur Barriere-Reduzierung anbieten.